,,A man always looks good in a dark suit“ – Greg Kinnear
Der Anzug: Das Sinnbild für zeitlose Eleganz, Stil und der wichtigste Bestandteil jeder Männergarderobe. Schon über ein Jahrhundert lang. Doch was ist die Geschichte hinter dem Klassiker?
Alles beginnt im 17.Jahundert. Die Zeit des Prunks, der Extravaganzen und Übertreibungen. Der europäische Adel ließ keine Gelegenheit aus seinen Reichtum und Luxus zur Schau zu stellen. Das Korsett, Pluderhosen, aufwändige Stickereien, Unmengen an Schmuck und Farbenpracht sind nur einige Modemerkmale der Zeit.
Der König von England Charles II war der erste der diesen Protz durchbrach. Am 7.Oktober 1666 erklärte er, inspiriert durch König Louis XIV von Versailles, dass sein Hof sich nicht länger nach diesem Vorbild kleiden wird und setzte auf Schnitt und Stoff, statt Schmuck und Halskrause. Von nun an sollte der englische Adelige eine lange Weste mit langen Ärmeln, ein Hemd, eine Krawatte und eine Kniehose zu einem knielangen Mantel aus englischer Wolle tragen. Der Dreiteiler war geboren.
Trotzdem war auch diese Neuerung für den heutigen Geschmack sehr prunkvoll. Man verzichtete keinesfalls auf bunte Farben, Rüschen oder eine Perücke.
Während der Französischen Revolution im 18.Jahrhundert wurde diese pompöse Kleidung des Adels verhasst und die bürgerliche Schicht propagierte Schlichtheit und gedeckte Farben, sowie eine natürlichere Kleidung, die den Körper nicht in eine Form zwängte.
Diese Bewegung war auch in England zu spüren, die ebenfalls begannen die französische Hofkultur abzulehnen und einen neuen Stil entwickelten. Dieser war inspiriert von der Sportgarderobe, besonders der Reitermode der englischen Oberschicht. Man trug nun eine lange Hose, dazu eine ärmellose, kürzere Weste über einem weißen Hemd. Der Mantel wurde dabei in eine enganliegende V-Form geschnitten. Der berühmteste und frühste Vertreter des sogenannten „Dandys“ war Beau Brummell, der das Sportoutfit so im tragedesign abänderte, dass es salonfähig wurde.
Nach der französischen Revolution verbreitete sich die ,,Mode d´anglaise“ auch im dortigen Adel und schließlich im restlichen Europa. Als Gegenbewegung zu der einstigen Farbenpracht wurde Schwarz immer beliebter und stand für schlichte Eleganz.
In der Mitte des 19. Jahrhundert waren der lange Gehrock sowie der Cutaway sehr beliebt. Der Cutaway war dabei die informelle Variante des Gehrocks. Die Herren trafen sich zum gemeinsamen „Rauchen“ dabei wurde der „Smoking“ getragen, dieser sorgte dafür, dass die sonstige Kleidung nicht durch den Rauch in Mitleidenschaft gezogen wurde. Tagsüber trug man „weiß“, dass Dinnerjacket abends, nach 17Uhr, wurde dann der schwarze Smoking gewählt. Im Laufe der Zeit wurde so der Smoking immer beliebter und von nun an zu jeder festlichen Gelegenheit getragen wurde. In den USA wurde dieser als „Tuxedo“ bekannt.
Die Herrenmode während dieser Zeit trat immer mehr in den Hintergrund der Frauenmode, die die wirtschaftliche Stellung der Familie repräsentierte. Der Anzug sollte dagegen zurückhaltend sein, aber gleichzeitig Seriosität und Eleganz ausstrahlen.
Durch die industrielle Massenfertigung war es jetzt auch dem einfachen Arbeiter möglich sich einen preiswerten Anzug zu leisten und so etablierte sich die kürzere Variante des Gehrocks während der Jahrhundertwende zur formalen Geschäftskleidung in jeder sozialen Schicht. Der Cutaway wurde tagsüber zu festlichen Anlässen getragen
1925 schuf der damalige Außenminister Gustav Stresemann unbeabsichtigt ein noch immer bekanntes Design: Den Stresemann.
Damals mussten zu förmlichen Anlässen am Tag, wie Staatsempfänge, Trauerfeiern und Kabinettssitzungen einen Cutaway getragen werden. Bei abendlichen Feierlichkeiten wurde auf den Frack zurückgegriffen. Für tägliche Büroarbeit war diese jedoch zu festlich und unpraktisch, sodass er einen weniger festlichen Anzug auf Grundlage eines kürzeren Gehrocks wählte.
In seinem Beruf als Außenpolitiker wechselten sich Büroarbeit und formelle Anlässe oft über Tag ab. Gustav Stresemann war es aber leid, sich jedes Mal komplett umzuziehen. So entschloss er sich anstatt den gesamten Anzug zu wechseln, einfach nur das Jackett des Cutaways gegen den schwarzen kürzeren Gehrock zu tauschen. Er kombinierte so ein schwarzes Jackett mit der grau-weiß gestreiften Hose des Cutaways und schuf damit einen neuen Stil, den nach ihm benannten „Stresemann“.
Bei den Verhandlungen von Locarno 1925 verzichtete der Außenpolitiker dann ganz auf den Wechsel und zeigte sich das erste Mal offiziell im „Stresemann“. Dieser fand daraufhin in der Öffentlichkeit großen Anklang und viele Nacharmer. Über die Jahre stieg die Beliebtheit an, so dass der Cutaway für Festlichkeiten am Tag ablöst wurde. Jedoch bestand der Stresemann, leicht abgeändert, aus einem anthrazitfarbenen Jackett, einer silbergrauen Krawatte und einer hellgrauen Weste welche abgestimmt auf die grau-weißgestreiften Hose ist. In manchen Fällen wurde das Jackett bordiert und ließ den Anzug besonders formell wirken.
Der Stresemann wurde neben anderen Anlässen besonders auf Hochzeiten getragen und ist deswegen noch heute als Hochzeitsanzug bekannt.
Da die BRD Politiker Theodor Heuss und Konrad Adenauer den Stresemann oft zu Empfängen von ausländischen Politikern trugen, inspirierten sie die US-Amerikaner zu einer neuen Anzugsgattung. Die als „Stroller“ bezeichnet Kombination aus dunklem Jackett und heller Hose. Die Farb- und Musterwahl spielte dabei keine Rolle.
Im folgenden Jahrhundert blieb der grobe Schnitt des Anzuges bestehen und veränderte sich nur in Details wie Farbe, Schnitt, Tragweise, Accessoires und Körperpassform.